Mit der Kälberaufzucht von heute legen wir den Grundstein für die Kühe, die wir etwa zwei Jahre später melken wollen.
Das Kalb ist die Kuh von morgen und somit die Zukunft des Betriebes. Mit der Kälberaufzucht von heute legen wir den Grundstein für die Kühe, die wir etwa zwei Jahre später melken wollen. Wenn wir in Zukunft also bessere Kühe melken wollen, dann müssen wir sie heute schon darauf vorbereiten.
JACQUES BERNARD, CHRISTINE MASSFELLER
Ein Parameter, der die Wirtschaftlichkeit der Betriebe widerspiegelt, ist die Lebenstagsleistung und diese steht in engem Zusammenhang mit der Kälberaufzucht. Um hohe Lebenstagsleistungen zu erreichen, spielen sowohl Erstkalbealter als auch Leistungsbereitschaft und Nutzungsdauer eine große Rolle. Die Grundsteine hierfür liegen in einer optimalen Kälberaufzucht, deren Ziele klar sind: vitale Kälber und frohwüchsige Kälber! Wir stellen zwei Fütterungskonzepte bis zum sechsten Lebensmonat vor und wollen dabei betonen, dass es nicht das eine richtige Konzept gibt. Vielmehr geht es darum, das geeignete Konzept für seinen Betrieb individuell zu finden und dieses mit Konsequenz und Leidenschaft durchzuführen, denn bekanntlich führen viele Wege nach Rom. Zudem wollen wir Ihnen den Einblick in ein Managementsystem gewähren, das den Betrieben vielfältig weiterhelfen kann.
RICHTIGE KOMBINATION
Die Firma Hofmann Nutrition AG aus der Schweiz hat ihre Erfahrung seit 1978 gebündelt und zu einem eigenen Kälberaufzuchtkonzept ausgearbeitet, die Hokovit- Superrind-Methode. Jürg Hofmann und sein Sohn Alexander sind die Inhaber der Firma und die treibenden Kräfte bei Hokovit und erklären, dass sich das Unternehmen seit über 40 Jahren auf den Einsatz von Mikronährstoffen in der Fütterung konzentriert. Unter den Begriff Mikronährstoffe fallen beispielsweise Hefe- und Pflanzenextrakte, Kräuter und spezifische Fettsäuren. Dabei kommt es vor allem auf die Kombination an, wie Jürg Hofmann erklärt: „Die Zusammensetzung und Weiterentwicklung unserer Kombinationen von natürlichen Mikronährstoffen hat uns über die Jahre viel Blut, Schweiß und Tränen gekostet, damit sie sicht- und messbar wirksam sind und Effizienz, Gesundheit und Leistung der Tiere steigern. Bei der Herstellung der Rezepturen ist es ähnlich wie bei einem Orchester, eine Geige allein macht nicht die Musik - die richtige Kombination mit vielen anderen Instrumenten macht das Konzert zum großen Erfolg.“ Heute exportiert das Unternehmen seine Mikronährstoff-Präparate in über 20 Länder weltweit und geht bei der Umsetzung spezifisch auf die Bedürfnisse seiner Kunden ein.
WICHTIGE GRUNDSTEINE
Die Basis der Hokovit-Superrind-Methode stammt aus dem firmeneigenen Markenfleischprogramm für Rindfleisch Qualivo, bei dem die Tiere mit Heu, Kraftfutter und Mikronährstoffen gemästet werden, um beste Fleischqualität zu erhalten. Die Gesundheit und Tageszunahmen der Kälber gefielen dabei so gut, dass das Konzept optimiert und auf die Milchviehrassen angepasst wurde. Der Grundstein für die erfolgreiche Kälberaufzucht ist immer die Biestmilchgabe, welche schnellstmöglich erfolgen soll. „Viele Hochleistungskühe haben nicht die gewünschte Kolostrumqualität, deshalb sieht unser System vor, dass wir das Kolostrum mit unserem Calvicol ergänzen. Zusätzlich empfehlen wir Hokostar, ein Vitaminpräparat, dessen Vitamine in sehr kleine Fetttröpfchen gespalten und somit äußerst schnell wirksam sind. In der ersten Lebensphase sind Immunität und Vitalität das Wichtigste!“, erklärt Jürg Hofmann. Anschließend folgt ein Tränkeplan, der über neun Wochen geht und eine Maximalgabe von sechs Liter pro Kalb und Tag vorsieht, sodass pro Kalb etwa 30kg Milchaustauscher benötigt werden. Als Festfutter bekommen die Kälber ein Kraftfutter, welches nach Hokovit-Rezeptur hergestellt wird und den Mikronährstoffkomplex Calvistart enthält. Dadurch wird das Mikrobiom im Verdauungstrakt optimiert und Wachstum, Futterverwertung und Gesundheit verbessert. Das Kraftfutter, sowie Heu müssen dabei bis zum sechsten Lebensmonat zur freien Verfügung bereitgestellt werden. Dabei können die Komponenten auch mit Melasse zu einer einheitlichen Trocken-TMR gemischt werden. Insgesamt werden in den ersten sechs Lebensmonaten etwa 480kg Kraftfutter und 200kg Heu benötigt. Trotz restriktiver Milchfütterung wird bis zu dem Zeitpunkt ein Lebendgewicht von durchschnittlich 230 kg erreicht.
INTENSIV RESTRIKTIV
Der international agierende Futtermittelhersteller Sano, hat im unternehmenseigenen Praxisbetrieb, dem Sano Agrar Institut in Ungarn, ein Konzept der Kälberaufzucht entwickelt, das von Dr. Norbert Göres vorgestellt wird und leicht auf andere Betriebe übertragbar ist. Jedes Kalb erhält binnen 2 h nach der Geburt die erste Biestmilchgabe. Der Biestmilch wird der Aufwerter Cotosan Plus® hinzugefügt. Die gefütterte Menge entspricht 10-12% des Lebendgewichtes des Kalbes. Dr. Göres empfiehlt seinen Kunden zudem die Qualität des Kolostrums zu testen. Am besten eignet sich dazu ein Refraktometer. Eine robuste Immunität ist ihm äußerst wichtig, denn ist das Immunsystem erst einmal belastet, so verzehrt es sehr viel Energie, die dem Kalb dann für die Entwicklung fehlt. In Ungarn wurden gute Erfahrungen damit gesammelt, die Kälber intensiv restriktiv zu tränken mit bis zu 12 Litern pro Kalb pro Tag. Die ersten drei Lebenswochen kann alternativ auch ad libitum Tränke getränkt werden. Laut Dr. Göres sollte die Tränkemenge pro Mahlzeit nicht mehr als 4 Liter betragen, um eine gesunde Verdauung zu gewährleisten. Im Sano Agrar Institut tränkt man die Kälber daher dreimal täglich bzw. ab der 2. Lebenswoche an Tränkeautomaten in Gruppenhaltung. Mittlerweile hat man sich dazu entschieden, die Tränkephase zu verlängern und erst nach 14 Wochen abzusetzen. So erhalten die Kälber mehr Zeit für die gesunde Pansenentwicklung. Entscheidend für gesunde frohwüchsige Kälber ist zudem eine hohe Qualität des Milchaustauschers. In Ungarn setzt man daher ausschließlich auf Sanolac Startino® mit 50% Magermilchpulver. Bei der Tränke mit Automaten ist es wichtig, dass Einstellung und Kalibrierung regelmäßig und korrekt vorgenommen werden, denn je nach Anbieter unterscheidet sich, ob die Pulvermenge pro Liter Tränke oder pro Liter Wasser eingestellt werden muss.
SELEKTION VERMEIDEN
Als Beifutter, während der Tränkephase und Alleinfutter über die Absetzphase hinaus bietet eine Trocken-TMR zahlreiche Vorteile. Diese lässt sich kostengünstig aus gehäckseltem Raufutter, Melasse, Kraftfutterkomponenten und 7,5% Meggi® 10 Forte, einer Mineral- und Wirkstoffkombination mit u.a. Vitaminen, Lebendhefen und einem speziellen Aromakonzept, herstellen. „Neben der bedarfsgerechten Nährstoffkombination muss eine Kälber-TMR auch gerne gefressen werden. Dies legt den Grundstein für eine störungsfreie Pansenentwicklung und fördert eine stressarme Absetzphase.“, erklärt Dr. Göres. Zum Abschluss noch ein wichtiger Tipp aus der praktischen Erfahrung: „Um eine Selektion der Trocken-TMR zu vermeiden, sollte beim Mischprozess einiges beachtet werden. Intensiv und so lange wie nötig, aber so kurz wie möglich.“, lautet die Devise. Zuerst sollte das Raufutter gleichmäßig mit der Melasse vermischt werden, sodass es komplett „klebrig ummantelt“ ist. Anschließend sollte der Mischvorgang unterbrochen werden, bevor die restlichen Trockenkomponenten hinzugefügt und nochmals intensiv bei hoher Drehzahl untergemischt werden, bis eine homogene TMR entstanden ist. Ein häufiger Fehler in der Praxis ist, dass zu lange gemischt wird und der Klebeeffekt der Melasse gänzlich verloren geht.“
STANDARDISIEREN
BoviSync ist eine Plattform, deren Mission es ist, die Arbeitsprozesse in Milchviehbetrieben zu vereinfachen und zusätzlich Daten zu sammeln und auszuwerten.
OPTIMIEREN
Die Daten werden in einer App erfasst, während am Tier gearbeitet wird. „Die Idee der BoviSync Mobile App ist es vor allem, die Effizienz der Betriebe zu steigern und Abläufe zu standardisieren.“, erklärt Produktmanagerin Liz Binversie. Um zu standardisieren werden betriebsindividuelle Prozessabläufe erstellt, die über die App einzusehen sind und die derjenige, der am Tier arbeitet, durchzuführen hat. Der Vorteil, wenn man die Anweisungen der App Schritt für Schritt befolgt, liegt darin, dass jede Person, die sich um die Tiere kümmert, die Prozesse gleich ausführt und von jedem Tier die gleichen Daten verfügbar sind. Das System vereinfacht zudem die Einarbeitung von neuen Mitarbeitern. Im Kälberbereich werden nach der Geburt zum Beispiel Daten wie Geburtsverlauf, Nabeldesinfektion und Geburtsgewicht dokumentiert. Anschließende Protokolle enthalten dann Anweisungen, was mit dem Tier weiter passieren soll (z. B. Biestmilchgabe). Im weiteren Verlauf können zusätzliche Prozesse wie etwa der Einsatz von Medikamenten, das Absetzen der Milch, Zunahmen, Gruppen- oder Futterwechsel dokumentiert werden. Die Daten können helfen, Schwachstellen im Betrieb zu erkennen und diese zu optimieren. „In einem praktischen Beispiel hatten wir das einmal, dass immer wieder einzelne Kälber erkrankt sind, und anhand der App konnten wir nachweisen, dass es immer die Kälber waren, die von einem bestimmten Mitarbeiter die Biestmilch erhielten. Also wurden der Person, die Abläufe bei der Biestmilchgabe noch einmal genauer gezeigt.“, klärt Binversie auf. Bei so vielen Möglichkeiten Daten zu sammeln, bedarf es natürlich auch eines performanten Auswertungssystem. Die Betriebe können eine Vielzahl von Berichten selbst erstellen oder auf eine große Anzahl an vorgefertigten Berichten zurückgreifen. Dabei stehen die Berichte ganz im Sinne der Zielsetzung von BoviSync, so können Berichte zu Produktionsdaten helfen die Effizienz der Betriebe zu steigern oder andere Berichte, die einzelne Aufgabenbereiche treffen, es ermöglichen, die Arbeitsabläufe zu vereinfachen. Zudem bietet BoviSync Schnittstellen mit verschiedenen andere Softwaresystemen, was eine zusätzliche Benutzerfreundlichkeit bietet.